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Gesellschaftsdämmerung | Rede vom Weltuntergang (III,22)
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Die ›wissensbasierte‹ oder ›Wissensgesellschaft‹ ist eine späte Frucht der von der durchgestrichenen Revolution beherrschten Konstellation. Es überrascht nicht, ihr historisches Auftauchen als ›wirkliche‹ Revolution apostrophiert zu finden, die – im Gegensatz zur politischen – das Leben auf dem Planeten unumkehrbar verändert. Man kann darin das Dilemma erkennen, das auch diese Revolution mit ihren diversen Vorläufern teilt. Zweifellos existiert so etwas wie ›die‹ Wissensgesellschaft, und zwar schon ziemlich lange, um nicht zu sagen ›schon immer‹, andererseits befindet sie sich – noch immer – im Werden, so dass Aussagen über sie entweder basal oder hypothetisch ausfallen, je nachdem, welcher Aspekt gerade in den Vordergrund gerückt wird. Dass sie schon länger, um nicht zu sagen, zu lange existiert, um einen Anspruch auf Neuheit zu erheben, lässt ihn nur umso stärker in den Vordergrund treten. Es ist der Anspruch, der die Suche nach den Motiven eingrenzt. Der Startschuss, der die historische Zäsur begründen soll – die Einrichtung digitaler Informationsnetze, der die Erfindung und massenhafte Verbreitung elektronischer Rechnersysteme vorausgeht –, steht für die Sache, er weist ihr auf der historischen Skala den Status des Neuen zu, der anders schwer zu ergründen bleibt. Wie die Erfindung des Rades, des Buchdrucks, der Eisenbahn oder der Raumfahrt setzt auch die Erfindung der Netze Prozesse in Gang, die ihrer Natur nach unüberschaubar, weil nur schwach determiniert sind. Eine Wissensgesellschaft ›gibt‹ es so wenig wie eine Rad-, Dampf- oder Photonengesellschaft – man begibt sich, soviel lässt sich allenfalls sagen, in zweifelhafte Gesellschaft, wenn man der Suggestion solcher Vokabeln erliegt.
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