Gesellschaftsdämmerung | Rede vom Weltuntergang (III,11)
Eine Politik im Bann der Aktion hebt die Vorstellung, im Großen und Ganzen ans Ende der Menschheitsgeschichte gelangt zu sein, nicht auf. Sie belebt sie eher. Es ist die Art von Belebung, die von jeder Herausforderung ausgeht. ›Die Geschichte hinter sich bringen‹ heißt, diese Geschichte hier hinter sich bringen, damit man sich wieder anderen zuwenden kann. Diese Geschichte hier drängt all diese Geschichten, in denen man so oder so befangen ist, ins zweite und dritte Glied: die Stromkreise sind unterbrochen, die Energien fließen anders. Was gestern wichtig war, ist es noch heute, aber es ist nicht so wichtig, dass man es nicht zurückstellen könnte, und manches könnte sich als überflüssig oder sogar ärgerlich erweisen. Dabei geht es, da die Menschen in Gelddingen zu einer gewissen Zähigkeit neigen, vor allem um Dispositionen und Überzeugungen: Wer in einer solchen Zeit schreibt, redet, handelt, macht sich über das gewohnte Maß hinaus kenntlich. Das kann auch bis zur Unkenntlichkeit fortgehen, das Staunen darüber hallt lange nach. Und doch ist die Aktion vor allem materielle Verschwendung. Das Angesparte zu verjubeln, es hinauszujagen in die Räume des ewigen Schweigens, um dem Nachbarn zu zeigen, dass mit einem zu rechnen ist und wie sehr er sich vorsehen muss, rechtfertigt jede Ausgabe und jeden Exzess. Die in alledem existierende Planung ist Maske und Vorwand – sie sorgt dafür, dass der Rausch die bürokratischen Hürden passiert und freie Bahn bekommt: eine schöne Geschichte, die man sich da leistet wie den neuen Sportwagen oder einen Privatflug in den erdnahen Raum.
© Acta litterarum 2009