Gesellschaftsdämmerung | Rede vom Weltuntergang (III,3)
Wer in Äonen denkt, dem imponieren die künftigen Siege der anderen Seite so wenig wie die vergangenen. Sie bergen für ihn ebenso viele Niederlagen, solange man in jeden von ihnen die Botschaft einritzen kann, dass sie – auf lange Sicht – vergeblich sind: kein Sieg ist denkbar, der umfassend genug ausfiele, um die Eliminierung des Gegners aufzuhalten. Daran lässt sich, durch einfache Umkehr, der fatale und menschenverachtende Gedanke ablesen, dass nur die ›Vernichtung‹ dem Weltzustand gewachsen ist, in dem die einen oben sind und die anderen unten, wobei die einen und die anderen wechseln können, solange sie unter den gleichen Zeichen antreten. Man sollte also dem Gedanken der Vernichtung nähertreten, wie er gedacht und gestreut wird, um die Struktur der Herausforderung zu erfassen, in deren Denken ›der Westen‹ nicht länger imponiert, in dem er bereits, ohne es zu wissen, vergangen ist. Das setzt eine einigermaßen verlässliche Beschreibung dessen voraus, was darin ›der Westen‹ heißt.
© Acta litterarum 2009