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Gesellschaftsdämmerung | Moderne zum Abwinken (II,7)
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Was sehen wir? Ehrwürdige Greise, Überlebende vergangener Bewegungen, ohne Unterlass bemüht, Worte für eine offen zu haltende Zukunft zu finden, während die aktiven Eliten lächelnd darüber hinweggehen. Ohne Avantgarde ist die Moderne am Ende. Dies auszusprechen – nicht hinter vorgehaltener Hand, sondern öffentlich, ex instituto, mit dem Gewicht einer erworbenen Stellung – bedeutet, ein Spiel in Gang zu setzen, in dem nur der zur Avantgarde zählt, der ihr Ableben als gegeben ansieht oder anzusehen behauptet – ein stabiles, auf Jahrzehnte hinaus gültiges Spiel. Das kann nicht anders sein, wenn die angespitzte Charakterisierung stimmt, sie allein setze sich den Risiken plötzlicher, schockierender Begegnungen mit dem aus, was noch nicht bekannt, noch nicht kartographiert und ›besetzt‹ ist. Das muss wohl die Zukunft sein, jedenfalls in der Form, in der man sie kennt und liebt. Leider besitzt die als Zukunft bestimmte Offenheit die Eigenschaft, sich nur dem rückwärts gewandten Blick als das eingetretene Neue zu offenbaren. Man muss schon die richtigen Instrumente besitzen, um im Gewimmel all dessen, was unaufhörlich ›eintritt‹, die Spur des Neuen, das ›wir‹ sind und zu sein verlangen, zu entdecken. Dagegen ist der produzierte Schock eine Kinderei, desgleichen das hartnäckige Bestehen darauf, dass ›die Zukunft‹ durch diese und keine andere Tür eintritt, während man in dem, was wirklich geschieht, nur das Immergleiche einer verkehrten oder verstellten Welt zu erkennen vorgibt. Es gibt solche Türen nicht. Was es zu geben scheint, sind Schwellen, die von Mal zu Mal ›auftauchen‹ und die man nicht überschreitet, ohne in eine andere Welt einzutreten, eine Welt, in der dieselben Parameter nicht mehr das gleiche Gewicht haben wie zuvor und andere aus dem Nichts aufzutauchen scheinen, bevor man sie rückblickend in fast jeder Vergangenheit findet. Manche Begegnungen mit der Zukunft gehen tödlich aus; der Verschleiß kann hoch sein. Was gestern Metapher war, glänzt heute als Messer in der Brust eines Menschen, der es besser wüsste, wenn man bereit gewesen wäre, ihn leben zu lassen.
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