Gesellschaftsdämmerung | Vergangene Zukunft (I,7)
Die Generation: hier ist sie. Es waren nicht Außenseiter, die so
dachten, es waren Jahrgänge, die von anderen Zulauf bekamen. Die
Zumutung des Todes, der Tod als Zumutung, der Wunsch nach dem hier und
jetzt durch Gewissheit verdoppelten Leben, der berechtigte Unglaube
daran, dass die frisch in die Geschichtsbücher eingewanderte, die
eigene Kindheit säumende Vernichtungsorgie wirklich vorbei sei, dass
alles seine Richtigkeit habe, erzwang die Kultur der Gesellschaft,
einen ebenso starren wie eigensinnigen Schematismus, der reflexhaft
Veränderung ›einfordert‹ – eine seltsame Vokabel, deren Nachbarschaft
zum Einbestellen und Einbestelltwerden auf der Hand liegt und
vergessene Obsessionen anzeigt. Es ist der Hebel der ›vierten Gewalt‹.
Der Journalismus bestimmt die Regeln, aber im Kern bleibt er
unbestimmt. Er geht seiner Wege. Kaum anders steht es um Theorien, die
den ›Korrekturmechanismen‹ der Gesellschaft mehr zutrauen als ihren
Bewohnern. Man darf ihnen nicht vorhalten, dass sie fortwährend an das
erinnern, was sie aussparen, aber im Stillen macht man es doch. Ihr Los
ist es, zu veralten, ohne dass ihnen die Ehre widerführe, widerlegt zu
werden. Woher auch? Man sieht sie und man geht seiner Wege.
© Acta litterarum 2009