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Gesellschaftsdämmerung | Umbaute Zeit (IV,2)
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Roma aeterna. Über die Stadt ist alles gesagt worden, was sich über eine Stadt sagen lässt. Schon das rechtfertigt jeden neuen Versuch. Dass eine Stadt von dieser Größe, von diesem Aufriss, von dieser historischen Tiefe einmal provinziell sein könnte, dass ihre Provinzialität hingenommen und lächelnd zelebriert werden könnte, dass die Touristenmassen, die sich täglich hindurchwälzen, nichts anderes erwarten und erlauben, ist eine so extreme Erfahrung, dass auch das Extrem nicht mehr realisiert werden kann. Es bleibt die Tautologie: Rom ist Rom ist Rom. Das gilt grosso modo für jeden Weltort, aber für einen wie diesen hier steht es außer jeder Proportion. Alle Namen, alle Epitheta, die dieser Ort jemals auf sich gezogen hat, vibrieren unter dem gleichmäßigen Tritt der Besucher, sie sind wie ein zweites Pflaster unter dem ersten, auf dem die Karawane dahinzieht. Zöge man sie heraus, dann bliebe nur Karthago. Eine beliebige Regierung hat sich hier angesiedelt und die Geschäfte leben von einer gleichgültigen Vergangenheitsgegenwart, einem Wartungspaket für Neugierige. Die Neugier richtet sich selbst dort auf nichts Bestimmtes, wo sie ganz bestimmt zum Zug kommen will. Das Bienenhaus der Sixtina summt in Erwartung von Erdstößen, unter denen das Jüngste Gericht zu Staub zerbröselt. Von solchem Pathos ist das Kapitol weit entfernt. Hier trifft sich die Jugend der Welt in ihren reiferen Exemplaren. Die Einführung der Mülltrennung besitzt mehr Wirklichkeit als das Malerische, das man Trastevere nachsagt.
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