Gleich, ob ›wir‹ uns entschließen,
der dritten, vierten oder fünften Moderne, der Moderne danach oder
der Moderne davor zu opfern – es wäre nicht schlecht, das Tabu
aufzuscheuchen, nach dem es ›uns‹ und unseresgleichen dabei
verlangt. Manche versuchen das Thema zu umgehen, sie beginnen bei
dem Wort ›Moderne‹ zu fuchteln, als handle es sich um einen
eingefressenen Irrtum, der sich mit Stumpf und Stiel ausrotten
ließe, sie träumen davon, ein zweites Mal Herkules am Scheideweg
spielen zu dürfen und einen anderen Weg einzuschlagen. Das ist naiv
und verrät einen Willen zum Handlangertum, der zeigt, wie dürftig
das intellektuelle Geschäft bisweilen sein kann. Keine Moderne ist
bloß ein Irrtum, auch kein ›gnostischer‹, wie mancher mit Voegelin
träumte, das ›Wissen‹ der Modernen, ihre spezifischen Weisen, sich
im Besitz des Wissens zu wähnen, ihr Wahn, der die Welt verändert,
schafft Realitäten, aus denen sich niemand herausziehen kann – eine
Tatsache, die durch die spezifische Form des modernen Exils zwar
verdunkelt, aber nicht ausradiert werden kann. Wer ins Exil geht,
hält nicht die Vergangenheit fest, sondern wechselt in eine andere
Gegenwart, in eine andere Dynamik, in eine andere Variante des
bitteren Spiels, das Moderne heißt, seit das Wort ›Fortschritt‹ den
Leuten auf der Zunge verfault. Wer Moderne sagt, wirft die Frage
des Vergehens auf, die einzige von geschichtsphilosophischem
Belang: Vergeht Moderne oder ist sie ›das, was bleibt‹?